Sanierung der Rauchgasreinigung im zentralen Heizkraftwerk

Alles klar über Braunschweig

Das Heizkraftwerk-Mitte der BS│ENERGY ist das Herzstück der Braunschweiger Energie- und Wärmeversorgung. Seit 1928 wird dort Strom und Fernwärme nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt. Nach einer nahezu vollständigen Erneuerung und Erweiterung im Jahre 1986 stand nun die Sanierung eines Großteils der Rauchgasreinigung an. Eine Arbeit unter hohem Zeitdruck: nur 21 Tage blieben für die herausfordernde Aufgabe.

Er ist fast so etwas wie das Braunschweiger Wahrzeichen: der 200 Meter über dem Stadtzentrum aufragende Schornstein im Heizkraftwerk-Mitte des Energieversorgers BS│ENERGY. 

Durch das im Heizkraftwerk-Mitte verfolgte Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) kann die eingesetzte Energie nahezu doppelt so effizient genutzt werden wie ohne KWK. Doch nicht nur die Brennstoffausbeute ist mustergültig, auch für die Umwelt ist die Kraft-Wärme-Kopplung ein enormer Gewinn: Die dabei entstehende Fernwärme ist die CO2-sparendste Art der Wärmeversorgung mit konventionellen Brennstoffen. In Braunschweig werden bereits 40 Prozent der Heizwärme über Fernwärme gedeckt.

Konsequent auf Umweltschutz-Kurs

Die Bundesregierung hat den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung auf Platz 1 aller Klimaschutzmaßnahmen gesetzt. Laut Novelle des KWK-Gesetzes soll bis zum Jahr 2020 der Anteil des KWK-Stroms an der Gesamtstromerzeugung auf 25 Prozent verdoppelt werden. Für die Braunschweiger BS│ENERGY kein Problem: Schon heute erzeugt sie über 30 Prozent des Stroms im KWK-Verfahren. Und es soll kurzfristig sogar noch deutlich mehr werden. Denn im Frühjahr 2009 begann der Neubau einer Gas- und Dampfturbinenanlage im Heizkraftwerk-Mitte. 

Sie soll Ende 2010 erstmals in Betrieb genommen werden und dann ab 2011 Strom und Wärme für Braunschweig produzieren. Die Anlage wird eine elektrische Leistung von 75 Megawatt und eine thermische Leistung von maximal 65 Megawatt aufweisen.

Damit baut die Anlage die Kapazitäten des Heizkraftwerks-Mitte weiter aus. Die bisher erzeugbare elektrische Leistung beträgt 78 Megawatt. Insgesamt versorgt BS│ENERGY über ein 2100 Kilometer langes Leitungsnetz rund 161 000 Haushalte, Gewerbe- und Industriebetriebe mit Strom.

Acht Kessel unter Feuer

Die dafür im Heizkraftwerk-Mitte eingesetzten Brennstoffe Steinkohle, Erdgas und schweres Heizöl werden in acht Kesselanlagen verfeuert. Die wichtigste und durchgängig in Grundlast betriebene Anlage ist der Kohlekessel. Ihm nachgeschaltet sind leistungsstarke Rauchgasreinigungsanlagen, die für klare Luft über Braunschweig sorgen.

Mit einer Betriebszeit von 23 Jahren seit ihrer Errichtung im Jahre 1986 stand jetzt die umfassende Sanierung der Rauchgasentschwefelungsanlage an. „Zeit“ – ein Faktor, der auch bei der Sanierung der Rauchgasreinigungsanlage eine ganz zentrale Rolle spielen sollte. Allerdings unter anderen Vorzeichen, denn bei der Erledigung dieser Aufgabe zählte praktisch jede Stunde. Schließlich konnte man das Heizkraftwerk-Mitte nicht einfach „vom Netz“ nehmen.

Stattdessen galt es, die Sanierung im laufenden Betrieb des Kraftwerks zu realisieren. Nur für einen eng begrenzten Zeitraum war es möglich, die Kohleanlage durch die viel kleinere Edgasanlage zu ersetzen.

Zahlreiche Arbeitsschritte 

Im Rahmen der Sanierung mussten zahlreiche Arbeiten erledigt werden. Es galt, sich dem Absorber, dem Rohgaskanal, dem Gewebsfilterkeilstumpf, dem Gewebefilter und dem Reingaskanal zu widmen.

Im Sommer 2008 wurden diese Aufgaben von BS│ENERGY ausgeschrieben. Wichtiger Bestandteil der Forderungen war ein äußerst kurzer Ausführungszeitraum. Gerade einmal 21 Tage standen demnach für die komplette Sanierung zur Verfügung. 

Ein weiterer zentraler Punkt: Die Projektverantwortlichen von BS│ENERGY sahen einen großen Vorteil darin, wenn das Sanierungsunternehmen gleichzeitig auch Entwickler und Hersteller des abschließend aufzubringenden Beschichtungsmaterials sein könnte. „Ganz einfach, um die Verantwortlichkeit für die auszuführenden Arbeiten bei einem Auftragnehmer zu bündeln – und damit auch die Garantiezusagen“, erklärte man in Braunschweig.

Die Ausschreibungs-Auswahl fokussierte sich schließlich auf die GBT Bücolit GmbH aus dem westfälischen Marl. Die mittelständisch strukturierte GBT-Unternehmensgruppe erwirtschaftet mit 140 Mitarbeitern einen Jahresumsatz von rund 25 Millionen Euro. GBT ist unter anderem auf das Thema Luftreinhaltung spezialisiert, wobei Rauchgasreinigungsanlagen für Kraftwerke und Müllverbrennungsanlagen die Schwerpunkte bilden. Wie von BS│ENERGY erwünscht,  sind die westfälischen Sanierungsexperten zudem Entwickler und Hersteller des Beschichtungsmaterials – in diesem Fall BÜCOLIT V590 G.

Spezialeinsatz unter besonderen Bedingungen 

Am 7. August machte man sich ans Werk, den rot eingekreisten 28. desselben Monats vor Augen – den unverrückbar vorgegebenen Abschlusstermin für alle Arbeiten.

Zunächst wurden der  Absorber, der Reingaskanal, der Rohgaskanal und der Gewebefilterkeilstumpf fachgerecht von allen Medien und Steuerleitungen getrennt. Es folgte die Demontage von Ein- und Anbauten. Da keine exakten Zeichnungen der vorhandenen sechs Kompensatoren vorlagen, mussten sie vor dem Ausbau zunächst noch vermessen werden.

Nächster Schritt war das Säubern aller Bereiche, wobei die Reinigung des Absorbers eine besondere Herausforderung darstellte: Hier galt es, 50 Tonnen Anbackungen zu entfernen. Beim  Absorber handelt es sich um einen kreiszylindrischen Behälter mit Flachdach und Aufbau sowie kegelförmigem Konus. Die Maße liegen bei 10,6 Meter innerer Schaftdurchmesser, 7,3 Meter Schafthöhe und 8,5 Meter Konushöhe. Der Winkel des Konus gegen die Vertikale beträgt 60 Grad.

50 Tonnen Anbackungen im Absorber

Im Absorber wurde zum Abtragen der Anbackungen eigens ein Hängegerüst installiert. Die von dort aus abgestoßenen 50 000 Kilogramm Material wurden über ein einziges Mannloch innerhalb von nur 24 Stunden entsorgt. Ein Kraftakt sondergleichen.

Parallel zum Absorber mussten auch alle anderen Sektoren der Anlage gereinigt werden. Dazu wurde die Gesamtsanierungsfläche von knapp 1.500 Quadratmeter in einzelne Aktionssegmente gegliedert und gegeneinander abgeschottet.

Im Anschluss an die Grundsäuberung wurden die Innenflächen der Arbeitsbereiche mit einer Rauigkeit von SA 2,5 gestrahlt. Zur Beurteilung des Sanierungsumfanges erfolgte eine engmaschige Wand-dickenmessung. Dabei zeigte sich, dass 95 Prozent der Stahlfläche so geschädigt war, dass sie nicht mehr durch Schleifen oder Auftragsschweißen zu sanieren war. Die Flächen mussten daher mit fünf Millimeter dicken Blechen komplett gedoppelt werden. Im Absorberkonus war es sogar nötig, knapp die Hälfte der Stahlfläche gänzlich zu ersetzen.

Vorgefertigte Stahlplatten retten Zeitplan

Als erfahrener Sanierer von Rauchgasreinigungsanlagen war man bei GBT allerdings auf diese „Überraschung“ sehr gut vorbereitet: Bereits im Vorfeld hatte man vorsichtshalber alle Platten für den Absorber und den Gewebefilterkeilstumpf vorgefertigt. Alle anderen Platten standen auf Abruf bereit. Es ging also auch hier keine Minute verloren – der Zeitplan blieb stabil in der Spur.

Die Schweißarbeiten wurden gemäß DIN 14879 der Schweißnahtbewertungsgruppe B durchgeführt. Das beinhaltete, dass alle Schweißer geprüft sein mussten und vor Beginn der Arbeiten eine Schweißprobe abzugeben hatten. Nach den Schweißarbeiten wurden alle Bereiche komplett einem zweiten Strahlgang mit einem Grad von SA 2,5 unterzogen.

Anschließend erfolgte eine komplette Beschichtung der Stahloberfläche mit dem Beschichtungssystem BÜCOLIT V590 G. Im besonders beanspruchten Absorber wurde zusätzlich als Versiegelung eine Antihaftbeschichtung aufgebracht, um künftig Anbackungen bestmöglich zu unterbinden.

Im letzten Arbeitsgang wurden die in der Zwischenzeit nach den anfangs erstellten Zeichnungen neu gefertigten Kompensatoren eingebaut.

Auf die Minute pünktlich übergab danach GBT-Geschäftsführer Martin Konzack die sanierte, betriebsbereite Rauchgasreinigungsanlage an den Kraftwerksbetreiber. Bis dahin hatten zum Teil bis zu 100 parallel arbeitende Einsatzkräfte für Sauberkeit gesorgt, über 80 Tonnen Stahlblech verbaut und 1.500 Quadratmeter BÜCOLIT V590 G eingebracht. 

Das Beschichtungssystem 

Beim System BÜCOLITV590 G handelt es sich um eine Spritzbeschichtung auf der Basis eines Novolac Vinylesterharzes.

Anwendung findet das System vor allem bei verfahrenstechnischen Apparaten wie Lager- und Prozessbehälter auch für konzentrierte Säuren und Laugen. Hier kann das Spritzsystem seine Vorteile bei großen, geometrisch einfachen Flächen besonders entfalten.

Entwickelt wurde BÜCOLIT V590 G für die Verwendung in Rauchgasreinigungsanlagen in Kraftwerken und Müllverbrennungsanlagen, insbesondere für den Einsatz in Kanälen. Hier kann das Spritzsystem seine Vorteile bei großen, geometrisch einfachen Flächen voll entfalten. 

Mit seinen Eigenschaften eignet sich das System besonders dort, wo es zu einer hohen Temperatur- und aggressiven Chemikalienbelastung kommt. Speziell ausgelegt wurde es für den Korrosionsschutz in Kanälen und Wärmetauschern von Rauchgasentschwefelungsanlagen, in denen starke H2SO4 Konzentrationen unter hohen Temperaturen auftreten. Die Grenze für eine Dauertemperaturbeanspruchung beträgt gegenüber Chemikalien bis zu 80 Grad Celsius (nass) und in der Gasphase bis zu 180 Grad, kurzzeitig bis 220 Grad Celsius.

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